Kommission zum Münchner Olympia-Attentat von 1972 nimmt Arbeit auf

Dreisprachige Beschriftung am Erinnerungsort im Olympiapark in München

Die Kommission zur Aufarbeitung des Attentats auf die israelische Mannschaft während der Olympischen Spiele in München 1972 begann am 30. Mai 2023 mit ihrer Forschungsarbeit. Die Auftaktsitzung fand im Bundesministerium des Innern und für Heimat im Beisein der Bundesinnenministerin Nancy Faeser statt. Die Kommission wird in den kommenden drei Jahren zu den Ereignissen rund um das Attentat forschen sowie dessen Vor- und Nachgeschichte umfassend wissenschaftlich aufarbeiten.

Die im April 2023 von Bundesinnenministerin Nancy Faeser eingesetzte Kommission setzt sich aus acht international renommierten Forscherinnen und Forschern zusammen, die allesamt langjährige wissenschaftliche Expertise in unterschiedlichen für das Forschungsthema relevanten Fachgebieten besitzen. Mit der Einsetzung der Kommission erfüllt die Bundesregierung den letzten Teil der mit den Angehörigen der Opfer vereinbarten Gesamtkonzeption zum 50. Jahrestags des Attentats.

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat das Institut für Zeitgeschichte München-Berlin (IfZ) damit betraut, in Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Historikerkommission das Forschungsprojekt umzusetzen. Zur Organisation und Betreuung des Gesamtvorhabens wird am Institut für Zeitgeschichte eine Geschäftsstelle eingerichtet.

Die Öffentlichkeit wird durch regelmäßige Veröffentlichungen sowie Veranstaltungen über den Projekt-Verlauf und die Ergebnisse informiert. Im Herbst 2023 – im zeitlichen Umfeld des 51. Gedenktages des Anschlags – ist die erste Veranstaltung zum Projekt geplant.

Beim Anschlag am 5. September 1972 stürmten Mitglieder einer palästinensischen Terrorgruppe das Quartier der israelischen Mannschaft im Olympischen Dorf in München. Sie erschossen zwei Mitglieder der israelischen Olympia-Mannschaft und nahmen neun weitere als Geiseln. Bei der am gleichen Tag fehlgeschlagenen Befreiungsaktion am Flughafen Fürstenfeldbruck wurden alle Geiseln, ein bayerischer Polizeibeamter sowie fünf der acht Attentäter getötet. Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen sind auch heute noch Fragen zu den damaligen Vorgängen unbeantwortet. Anlässlich des 50. Jahrestags des Attentats hatte die Bundesregierung eine Kommission zur wissenschaftlichen Aufarbeitung des Attentats beschlossen.

Mitglieder der Kommission zur Aufarbeitung des Attentats auf die israelische Olympia-Mannschaft

Prof. Dr. Ofer Ashkenazi

Ofer Ashkenazi ist Professor für Geschichte und Direktor des Richard Koebner Minerva Center für Deutsche Geschichte an der Hebräischen Universität von Jerusalem

Herr Ashkenazi ist Experte für die moderne deutsche Nachkriegsgeschichte und die deutsch-jüdische Geschichte mit einem Schwerpunkt auf Kultur- und Mediengeschichte. Darüber hinaus befasst er sich mit der geschichtswissenschaftlichen Auseinandersetzung der deutschen, israelischen und palästinensischen Geschichte.

Prof. Dr. Michael Brenner

Michael Brenner ist Professor für jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Direktor des Center for Israel Studies an der American University in Washington D.C.

Herr Brenner ist Experte für die Geschichte Israels und der jüdischen Geschichte und Kultur, hier mit Schwerpunkt auf Deutschland und Israel. Er ist internationaler Präsident des Leo-Baeck-Instituts und Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Prof. Dr. Shlomo Shpiro

Shlomo Shpiro ist Direktor des Europa Instituts und Inhaber des Paterson Chair in Security and Intelligence an der Bar-Ilan University in Ramat Gan, Israel

Herr Shpiro ist Spezialist für die Geschichte der Sicherheitsdienste in Israel und Europa, des palästinensischen und islamistischen Terrorismus sowie der Terrorismusbekämpfung, Er hat vertieft zum palästinensischen Terrorismus der 1970er-Jahre, hier auch speziell zum Attentat auf die israelische Olympia-Mannschaft, und der Krisenkommunikation in Reaktion auf Terrorismus geforscht.

Prof. i. R. Dr. Margit Szöllösi-Janze

Margit Szöllösi-Janze ist Professorin i. R. für Zeitgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München

Frau Szöllösi-Janze ist Expertin für die Geschichte des Nationalsozialismus und der Bundesrepublik. Sie forscht vertieft zur deutschen Gewaltgeschichte, gegenwärtig mit dem DFG-Projekt „Politische Gewalt in der Bundesrepublik: Bewegung 2. Juni − Revolutionäre Zellen − Rote und Schwarze Hilfen”. An ihrem Lehrstuhl entstand der digitale Erinnerungsort www.erinnerungsort-fürstenfeldbruck1972.de. Sie ist u.a. Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission des Wissenschaftsrats.

Prof. Dr. Petra Terhoeven

Petra Terhoeven ist Professorin für Europäische Kultur- und Zeitgeschichte an der Universität Göttingen

Frau Terhoeven erforscht die Geschichte von Faschismus und politischer Gewalt im 20. Jahrhundert in vergleichender Perspektive, insbesondere die Geschichte des Linksterrorismus in den 1970er-Jahren. Darüber hinaus liegt einer ihrer Forschungsschwerpunkte auf dem Umgang mit Opfern politischer Gewalt – unter anderem als Leiterin des Projektes „Wem gebührt unser Mitleid? Terrorismusopfer und Gesellschaft in der Moderne”.

Prof. Dr. em. Shulamit Volkov

Shulamit Volkov ist Professorin em. für moderne europäische Geschichte an der Universität Tel Aviv

Frau Volkovs Forschungsschwerpunkt liegt auf der modernen deutschen Geschichte und der deutsch-jüdischen Geschichte. Darüber hinaus ist sie Expertin für die Geschichte des Antisemitismus und forschte verstärkt zu Antisemitismus in Deutschland. Sie ist Mitglied der Israelischen Akademie der Wissenschaften.

Prof. Dr. Klaus Weinhauer

Klaus Weinhauer ist Professor für Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld und Direktor der Bielefeld Graduate School in History and Sociology (BGHS)

Herr Weinhauer ist Experte für die Geschichte der Inneren Sicherheit, der Polizei- und der Terrorismusgeschichte. Er forschte zur Geschichte der Polizei von den 1960er-Jahren bis heute, speziell auch zur Geschichte des Bundeskriminalamts, des Terrorismus in der Bundesrepublik und zur Staatlichkeit im Wandel.

Prof. Dr. Christopher Young

Christopher Young ist Professor für Germanistik an der Universität Cambridge

Herr Young ist Experte für deutsche Sprache, Literatur und Geschichte, mit Schwerpunkt auf der deutschen und internationalen Sportgeschichte des 20. Jahrhunderts. Als Co-Autor des Buches „The 1972 Olympics and the Making of Modern Germany“ (dt. „München 1972: Olympische Spiele im Zeichen des modernen Deutschland“) hat er sich mit den Olympischen Spielen 1972 befasst und darin auch das Attentat intensiv behandelt.

Quelle: Bundesministerium des Innern und für Heimat, 30/05/2023